Erde

Hermann F. ging in den Baumarkt und kaufte sich Schaufel und Spitzhacke, denn er hatte vor, der Welt und ihrem innersten Geheimnis auf den Grund zu gehen. Mitten im Wohnzimmer zerschlug er das Parkett und fing an zu graben. Schon stieß er auf Beton. Tags darauf konnte er mit der Arbeit fortfahren, denn er hatte sich einen Preßlufthammer geborgt. Hermann F. kam einige Meter tief ins Erdreich, doch von dem Grund der Erde war noch nichts zu sehen. Hermann F. grub weiter und es stellte sich bald heraus, daß die Beseitigung des geschaufelten Erdreichs schwieriger zu bewerkstelligen war, als das Graben für sich allein. Er hatte Freunde, die die Erde für ihn wegschafften und konnte von nun an, von solcherlei Nebensächlichkeit verschont, unbekümmert weitergraben. Da wurde es für Hermann F. plötzlich zum Problem, aus der mittlerweile enormen Tiefe von zehn Metern die Erde nach oben zu bekommen. Er mußte einen Lastenaufzug im Schacht anbringen lassen. Es ging tiefer mit ihm und er mußte Statiker engagieren, die Gerüste bauten, auf daß ihm nicht alles überm Kopf zusammenstürzte. So ging es immer tiefer mit Hermann F., jedoch, er fand nichts weiter als dreckig-klumpige Erde und darin kriechende Würmer. Ein neues Problem
tauchte auf: Das Grundwasser mußte von Ingenieuren abgesenkt werden, damit Hermann F. nicht im trüben Naß herumplatschte. Und er grub und grub und fand nichts außer immer neue nebensächliche Probleme, die immer neue kostspielige Lösungen erforderten.
Auf den Grund der Erde stieß er nicht, und das lag vielleicht daran, daß er irgendetwas zu wörtlich
genommen hatte.

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