Die Gartenlaube

Von Beruf war ich Gärtner. Ich gärtnerte in einem großen Garten, fast so groß wie der von Schloß Versailles, aber auch nur fast. Jedenfalls gab es dort genug Platz, um eine Gartenlaube anzulegen, die so versteckt hinter Büschen lag, daß außer mir niemand sie kannte. Ich hatte mein ganzes Können in diese Laube gesteckt, und jetzt war sie fertig: Schön umrangt mit Rosen und Erdbeeren, mit Efeu und Weintrauben. Alles wuchs auf frisch gestrichenem Holz und in die Bank waren eingie berühmte griechische Amoureusen geschnitzt.
Eines Tages, es war ein schwüler Sommertag, wollte ich zu meiner kühlen, schattigen Laube und entdeckte dort ein Liebespaar. Ich ging sofort in Deckung, so daß sie mich, glaub ich, nicht gesehen hatten. Nicht nur, daß ich hier der Gärtner war und dies mein Garten, ich hatte diese zwei da auch noch nie vorher gesehen. Sie gehörten nicht zur herrschaftlichen Familie und ganz bestimmt auch nicht zum vertrottelten Dienstpersonal. Sie hatte ein Bein über seines geschwungen, und er faßte ihr mit der Hand an die linke Titte. Dabei knutschten sie heftig herum, so daß ich ihr Geschmatze bis zu mir her hören konnte. Schließlich nahm ich mir einen Stock, ging aus meinem Versteck raus und auf sie los. Ich fluchte und schimpfte dabei so häßlich, daß die Vögel für einen Moment den Schnabel hielten. Dann machte sich das Pärchen auf zur Flucht, wobei sie einige male über ihr langes Sommerkleid fiel und sich die Knie aufschürfte. Der Mann schaute sich nochmal grimmig nach mir um, und ich winkte ihm zum Abschied mit dem Stöckchen. Dann war wieder Ruhe in meine Laube eingekehrt. Ich setzte mich auf die griechische Bank, sie war noch warm von den beiden Ärschen, und zündete mir ein Pfeifchen an. Schmauch. Das tat gut nach dem ganzen Streß.
Es dauerte nicht lange, da kam die Herrschaft angeritten mit dem Pärchen im Schlepptau. Der Mann fletschte hinter meinem Lord und MyLady die Zähne in seinem knittrigen Hemd. Seine Knutschkumpanin sah aus wie in einem Katastrophenfilm: Ihr Kleid war durchnäßt, blutig und zerrissen. Mein Lord fragte mich, ob es stimme, daß ich seinen Couseng und Cousine, die aus Frankreich zu Besuch seien, mit dem Stock verhauen und durch den halben Garten gejagt habe? Ich erwiderte, daß an der Geschichte zwar einige Details übertrieben seien, meine Lordschaft im Großen und Ganzen aber damit recht hätten. Was mir denn einfiele? Ich sagte, daß mir einfiele, da der werte Vetter aus Frankreich und seine inzestiöse Begleitung mir nicht vorgestellt wurden, daß es sich ja durchaus um irgendwelche Schmarotzer aus der Nachbarschaft hätte gehandelt haben können. Darauf sagte meine Lordschaft erstmal nix, und dann schmiß er mich raus aus meiner Laube und meinem Garten, ohne mir die letzte Lohnabrechung fertig zu machen.
Ich sitze gerade, während ich diese kleine Geschichte aufschreibe, in der Stadt auf meiner Dachterrasse, wo einige Betunien und Geranien sich rumschlängeln. Aber eigentlich ist diese Stadtoase nicht mit dem Garten seiner Lordschaft vergleichbar. Und eine versteckte schattige Laube gibt's hier auch nicht.

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