Göttliche Komödie

Der Urtext steht auf einem unglaublich dreckigem Papier. Viel später schreiben ihn gelehrsame Fritzen um auf säurefreien blütenweißen griffigen spiegelglatten Karton. Doch davon weiß ich nichts, dann bin ich längst gestorben.
In meiner Zeit schreit mir das Vergnügen ins Gesicht. Es zerrt an meinem Ärmel und sagt mir, was heute gut für mich ist. Auf der anderen Seite nagt die mächtige furchteinflößende Langeweile an mir. Sie ist fast noch unerträglicher, als das Vergnügen. Zwischen diesen beiden ist nichts, scheint nichts zu sein. Nur ein überbrückbarer schwarzer Riß. Meine Freunde raten mir, nicht so dicht am Abgrund zu wandeln. Sonst fiele ich noch hinein, in diesen Riß. Sie wollen nicht, daß ich mich der Langeweile oder dem Vergnügen entreiße. Sie können nichts dafür. Wer will ihnen übelnehmen, daß sie sich vor dem tiefen Riß in acht nehmen? Ich nehme es ihnen nicht krumm. Es sind ja meine Freunde. Oder?

Ich schlage hart auf. An meinen Seiten erheben sich gigantische Wände. Kaum sehe ich oben noch das Licht des Tages. Reingefallen! schreit es mir im Kopf. Ich gehe los, quetsche mich durch den rauhen feuchten Fels. Nicht angenehm. Eine Plackerei durch den schmutzigen Stein. Da begegne ich einem weißbärtigen Mann, welcher mobiltelefoniert.
"Wer bist denn du?" frage ich erstaunt. Er läßt sein Handy sinken und wendet sich mir zu:
"Ich bin Gott."
"Und, was machst du hier unten im Schlamm?"
"Na, ich versuche hier rauszukommen, was denkst du denn! Aber mein Handy bekommt hier keinen
Empfang. Ich denke, das liegt an den verdammten Felsen."
"Laß gut sein", antworte ich dem alten Mann. "Komm, wir wollen weitergehen und sehen ob es noch einen Ausweg gibt aus dieser Misere." Damit war der Weißbärtige einverstanden und wir quetschten uns weiter den Spalt entlang. Bis wir einen
Affen trafen.
"Hey, Affe!", rief ich.
"Iiek, iiek", machte der Affe.
"Kannst du uns helfen, wir möchten nach oben gelangen?" Der Affe hüpfte auf uns zu, zupfte Gott am Bart und schlug mir wie blöde aufs Knie, dann sprang er fort, stieß sich mit vier Händen, von einer Wand gegen die andere, empor ins Freie.
"Du hättest dem Affen mehr Verstand geben müssen", warf ich Gott vor.
"Bei einer bestimmten Affenart tat ichs." Und mir war klar, daß er uns Menschen meinte. Ich versuchte, es dem Affen gleich zu tun, Gott schaute von unten nach mir, aber ich war lange nicht behende genug; ich stürzte nach unten, dem weisen Greis vor seine platten Füße. Gott lachte mich aus. "Komm weiter." Der Riß oben verdunkelte sich, oben war es Nacht geworden, ein schmaler Streifen Sterne wurde sichtbar. Nicht ermüdend und mit unerklärlicher Kraft stapften wir weiter, Gott und sein Sohn. Der Gang hatte schließlich sein Ende, über der Tür leuchtete in Grün: "emergency exit". Natürlich war alles verschlossen.
"Kannst du nichts tun?" schrie ich mein Väterchen an, verzweifelt und nun doch erschöpft.
"Bin ich Petrus?", meinte er trocken. Halb wahnsinnig, hoffend, der Enge und Abgeschiedenheit zu entrinnen, warf ich mich gegen das Hindernis. Einmal, rums. Zweimal, rums. Beim drittenmal biegte und beim viertenmal krachte es.

Die Tür flog auf, und mein Alter kam ins Zimmer. Ich stand mit meinen neun Jahren senkrecht im Bett, vor Angst schweißgebadet. Er legte mich übers Knie und versohlte mir mit roher kräftiger Hand den nackten Hintern. Er sah es halt nicht gern, wenn ich mich einschloß...

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